Sechsstädtebund, Fleet

Sommerzeit, Klassikerzeit

Dabei sind: Philippe, Stefan, Jochen, Jerry

Gespielt wird bei: Jerry


1. Sechsstädtebund von Vladimír Suchý erschienen bei Czech Games Edition (CGE)

Fazit: Kam auf den Tisch, um zu schauen, ob es immer noch so gut ankommt wie vor 8 Jahren.  Die Antwort: Geht so! Der Verdrängungsmechanismus und das drehbare Rad zum Einstellen der gesammelten Ressourcen waren 2007 brandneu und unverbraucht.  Mittlerweile hat man das schon anderswo und interessanter gesehen (z.B. in Tore der Welt).  Von daher schlug es nicht mehr ganz so ein wie damals.  Erschwerend kam allerdings hinzu, dass wir aus Versehen die anspruchsvollere Spielplanseite gespielt haben (meine Schuld), was einen entspanntem und balancierten Spielablauf nicht gerade zuträglich war.

Gewinner: Jochen (64P) vor Philippe (61P), Jerry (58P), Stefan (52P)


2. Fleet von Ben Pitchback und Matt Riddle, erschienen bei Gyphon Games

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Fazit: Schon wieder Fleet! Schönes Spiel, knackig, mit vielen heftigen Entscheidungen. Etwas brutal weil man bei Spielfehlern schon früh auf der Strecke bleiben kann.

Diesmal kam es nach Spielende zu einer hitzigen Diskussion über der Nutzen der Fabrikschifflizenz (engl. Processing Vessel License – PVL).  Die PVL ist stark, weil sie es uns erlaubt, Kisten von Schiffen in Geld und/oder Karten zu wandeln.  Da immer mehrere Schiffe im Spiel mit Fischkisten vollaufen, ist dies ein starker Hebel um überschüssige Fangkapazitäten in Geld zu konvertieren.  Die PVL ist zweifelsfrei sehr nützlich, die Frage ist nun: ist sie so stark, dass sie das Spiel debalanciert? Oder vereinfacht: ist sie zwingend für den Sieg notwendig?  Daran scheiden sich die Geister.

Ich bin der Meinung: die PVL ist stark, aber nicht spielentscheidend (meine Lieblingslizenzen sind Lobster/Kaptitänsbonus und Dorsch/Baubonus)  Nun ging’s gestern beim Meinungsaustausch hoch her (auch von meiner Seite), deswegen will ich mal versuchen, ein paar sachliche Argumente zu bringen, die über reine Spieleindrücke hinausgehen.  Das soll in erster Linie Werbung für das Spiel Fleet sein, das m.E. gut balanciert ist und eine enorme strategische Tiefe hat, insbesondere angesichts der knackig-kurzen Spielzeit von 30-45 Minuten.

Erstmal etwas Mathematik: Ein Vierpersonenspiel Fleet dauert im Schnitt 10-14 Runden, nehmen wir mal 12 Runden an.  In diesen 12 Runden bauen die Spieler zwischen 5 und 8 Schiffen, nehmen wir mal 6 Schiffe an. Nun vergleichen wir zwei Spieler:

Spieler A kauft in Zug 1 eine PVL welche Geld und Karten aus Fischkisten generiert, Spieler B kauft in Zug 1 eine Lobster (Hummer) Lizenz welche Karten aus Kapitänen generiert.  Beide bauen alle 2 Runden ein Boot und nutzen ihre Lizenzen maximal aus.  Der PVL Spieler hört in Zug 8 auf, Kisten von seinen Booten zu nehmen, um keine Siegpunkte zu opfern.  Er bekommt folgenden Ertrag:

PVL

Der PVL Spieler kann insgesamt 20 Cubes ernten.  Jede Runde verkauft er einen davon und bekommt dafür eine Karte.  Er erzielt also 12 Karten + 8 Cubes was etwa 2*12 + 8 = 32 Geld entspricht.  Dazu hat er mit den Cubes sehr flexibles Geld, welches er immer passend hat (er muss also nie überzahlen).  Diese Vorteil kommt ab dem dritten Boot voll zum tragen, wenn sich bei ihm mehr als 1-2 Cubes ansammeln.

Für den Lobster Spieler sieht es so aus:

Lobster

Er generiert 18 Karten, welche einem Geldwert von 2 * 18 = 36 entsprechen. Das ist mehr als der PVL Spieler, dafür aber weniger flexibel, er wird also ggf. überzahlen müssen.  Auf der anderen Seite generiert er eine um 50% größere Kartenauswahl, was seine Wahrscheinlichkeit erhöht, passende Schiffe auf der Hand zu haben.

Keine von beiden Lizenzen ist m.E. siginifikant besser oder schlechter.  Welche nützlicher ist, hängt eher von der Kombo ab, die man durch die anderen Karten wählt. PVL paart sich gut mit Shrimplizenzen, weil man dann fast alle Schiffe mit einem Cube bezahlen kann.  Die Lobsterlizenz  geht gut mit der Dorschlizenz (Baubonus) zusammen, weil man dann sein Stapellauftempo verdoppelt.

Das zweite Argument ist ein spielmechanisches: Fleet ist ein Auktionsspiel, d.h. die Preise der Lizenzen werden von den Spielern selbst festgelegt.  Wenn ich überzeugt bin, dass die PVL von spielentscheidender Bedeutung ist, dann hindert mich niemand daran, ihren Preis hochzutreiben, um sie entweder selbst zu bekommen oder den Konkurrenten auszubremsen,  In dem Augenblick, wo der PVL Käufer in Runde 1 kein Boot bauen kann, verschiebt sich sein Ertrag bereits signifikant nach unten (das gilt für den Lobster Spieler in obigem Beispiel natürlich auch).  Nirgendwo steht geschrieben, dass ich dem PVL Käufer seine Lizenz kampflos zum optimalen Preis überlassen muss.  Was ich sagen will: In Fleet sind wir der Lizenzverteilung nicht schutzlos ausgeliefert, wir können sie selbst beeinflussen.

Beim Nachdenken über den PVL Streitpunkt ist mir zudem eins aufgefallen: unsere Gruppe (ich auch!) spielt recht bootlastig, d.h. wir legen Fokus auf das Bauen und Rausschicken von Schiffen.  Ist das immer optimal so?  Ein nächtlicher Blick auf BGG in die Strategy Section zu Fleet zeigt: es geht definitiv auch anders.  Dort werden andere Strategien diskutiert, u.a. solche, die in Runde 1 gar kein Boot bauen sondern darauf setzen, Geld zu sparen um früh eine starke Lizenzkombo zu holen.  Oder ganz einfach auf die Lieblingslizenz zu sparen.

Sehr schön wird das ganze in diesem Thread hier deutlich: What am I missing when one player has no processing vessel license.  Die Diskussion beginnt mit einem Spieler, der die PVL nach seinen ersten drei Partien als zu stark kritisiert. Die Diskussion endet mit anderen Spielern, die im Prinzip sagen dass sie in ihren ersten Partien genauso gedacht haben, dann aber zu der Erkenntnis gekommen sind, dass es viele, gleichwertige Wege zum Sieg gibt.

Zusammenfassung: In Fleet steckt einiges drin. Ich werde in den nächsten Partien (die es hoffentlich gibt) versuchen, Strategien zu fahren, die mehr auf frühe Lizenzvielfalt als auf viele Boote gehen. Mal schauen.  Außerdem kommt bald die Erweiterung Arctic Bounty ins Haus.  Diese bringt Regeln, mit denen die Spieler die im Spiel zur Auswahl stehenden Lizenzen selbst konfigurieren können.  Dann können wir die PVL aus dem Spiel nehmen und schauen, wie sich die Dynamik verschiebt.

Gewinner: Jerry (58P) vor Stefan (52P), Philippe (51P), Jochen (42P)

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