Nach den Brummern der letzten Woche endlich mal wieder leichte Kost. Außer den unten aufgeführten Spielen war noch das großartige Kobayakawa auf’m Tisch. Pokern auf Speed sag ich nur.
1. Europa von Günter Burkhard, Kosmos 2016
Vor uns liegt die zweite Version der schamlos unveränderten Europavariante von „Finden Sie Minden“. Also quasi der Aufguss des Aufgusses. Statt einer Deutschlandkarte breitet sich erneut der ganze Kontinent vor uns aus, ansonsten hat sich am Prinzip nichts geändert: Die Position von Orten will getippt sein, je präziser desto besser. 1-4 Kramerpunkte gibt’s für korrekte Tipps und sobald ein Spieler um die 25 Punkte gesammelt hat, ist Schluss. Fun Fact am Rande: der Nullmeridian des Spiels geht durch Hamburg. Nimm dies, London!
Gegen Ende der Erklärung lässt Stefan verlauten: „Achtung: beim Vorwärtsziehen darf man vor sich stehende Pöppel überspringen. Wer abgehängt wird, hat also ein Problem“. Sprach’s, verzockte gleich seinen ersten Tipp (0 Punkte) und rannte fortan hoffnungslos hinterher (siehe Nahaufnahme). Das ist ein aus meiner Sicht ärgerliches Prinzip, das eine unnötige Unwucht in das Spiel hinein bringt.
Zudem fällt auf, dass in „Europa“ fast ausschließlich nach Städten, ab und zu mal nach Flußmündungen oder Bergen gefragt wird. Das war bei „Finden Sie Minden“ abwechslungsreicher, denn da galt es auch mal Dr. Oetker, Legoland oder die Burg Hohenzollern zu verorten.
Am Ende des Spiels (nach ca. 45 Minuten) liegt Matthias der alte Weltenbummler knapp vor Jerry und Hubert während Philippe und Stefan am Ende das Licht ausmachen. Das Tippen, Spekulieren und Rumprotzen (bei erfolgreichen Tipps) macht nach wie vor Spaß, dieser wird allerdings durch den Weglaufeffekt leider getrübt.
Fazit: Für dieses Spiel gibt es nur eine Zielgruppe, nämlich die, die ihr „Finden Sie Minden“ schon leer gespielt haben und eine neue Karte suchen. Alle anderen bleiben lieber beim Original. Und ich für meinen Teil spiele in der Kategorie der Tippspiele eh lieber Fauna oder Terra von Friedemann Friese.
2. Alles im Eimer von Stefan Dorra, Kosmos 2016
Ein Stichspiel zum Abräumen. Jeder Spieler stapelt eine Pyramide aus 10 bunten Eimern vor sich auf. Auf der Hand haben wir bunte Karten in den Eimerfarben und Werten 1-8. Anschließend wird gezockt: ein Spieler spielt in einer Farbe aus, alle anderen müssen reihum bedienen und dabei den Wert der Karte überbieten. Wer das nicht mehr kann, ist der Depp und muss – tataa! – aus seiner Pyramide einen Eimer in ebenjener Farbe herausschnipsen. Alles was dabei umfällt wird abgeräumt. Wenn 2 Pyramiden komplett abgeräumt sind, ist Schluss, und der Spieler der noch die meisten Eimer hat gewinnt.


Das liest sich öder, als es in der Praxis ist, denn ganz einfach und unsteuerbar ist das Spiel nicht. Es ist durchaus nützlich, Farben mitzuzuzählen, individuelle Schwächen zu beobachten und gezielt gegen einzelner Spieler vorzugehen. Zudem gibt es Richtungswechsel die dazu führen, dass sich eine kaltlächelnd ausgespielte Karte ruck-zuck gegen einen selbst richtet. Das Rausschnipsen der Eimer setzt dazu einen eher krawalligen Kontrast, so dass uns das Spiel für die 30 Minuten Spieldauer gut unterhält. Stefan profitiert davon, dass die Randale primär auf der anderen Seite des Spieltisches stattfindet und gewinnt souverän, nachdem Matthias und Philipp eimerlos ausscheiden.
Fazit: Einfach, schnell erklärt aber trotzdem spaßig. Die Mischung aus Zocken und Action gefällt, braucht m.E. aber eine eher größere Runde.
3. Halt mal kurz von Marc-Uwe Kling, Kosmos 2016
„Marc-Uwe Kling (* 1982 in Stuttgart) ist ein deutscher Liedermacher, Kabarettist, Kleinkünstler und Autor “ Jippie, endlich mal ein Blogschnipsel, das ich aus Wikipedia geklaut habe, denn bis zu dieser Woche kannte ich Herrn Kling nicht (ich lese eh lieber Sachbücher). Und nun hat ebenjener Freigeist ein Spiel gemacht? Kann das gutgehen? Zumal auf der Schachtel groß „WITZIG“ steht. Das klingt verdächtig; wie bei Maggi-Tüten im Regal auf denen „LECKER!“ prangt. Immerhin: die Fans von Herrn Kling scheinen ihn zu verehren, denn wie man bei NextGamer lesen kann, scheint Kosmos die Erstauflage von 12.000 Spielen in der ersten Woche unter die Leute gebracht zu haben. Respekt.
Stefan packt die Karten aus: „Mau-Mau mit Aktionskarten“. Die Spielrunde verdreht die Augen, teils innerlich, teils schamlos offen. Dann geht’s an’s Erklären. „Mau-Mau eben. Mit nur zwei Farben und drei Symbolen. Und wenn eine Karte gespielt wird, müsst ihr den Text ausführen. Auf Nazi-Karten müssen alle draufhauen. Auf Polizeikarten nicht. Die sehen übrigens fast genauso aus wie die Nazi-Karten.“ Aha. Weiter geht’s „Es gibt Einzel-Schnick-Schnack-Schnuck und Gruppen-Schnick-Schnack-Schnuck. Und den Kommunismus und den Kapitalismus.“. Frohen Mutes hören wir zu. Ist das jetzt der Burner des Abends? Klingt eher bemüht lustig.
Aber dann geht’s los. In der Tat: Mau-Mau mit Zusatzereignissen. Diese schlagen nach fast jeder Karte zu und sorgen für einen eher gebremsten Spielfluss. Von der anarchischen Rasanz einer Uno-Runde ist wenig zu spüren aber trotzdem macht das ganze irgendwie Spaß, denn auch hier herrschen Willkür und Ungerechtigkeit während die Karten wild hin und her gehen und bei den Nazikarten wüst auf den Tisch gehämmert wird. Zeitweise wird der Radau in der Spielrunde so laut, dass Meike ins Zimmer kommt, um nach dem Rechten zu sehen. Verständlich, denn sonst herrscht ja eher grüblerisches Schweigen. Da aber niemand ernsthaft verletzt zu sein scheint, zieht sie beruhigt wieder ab.
Nach etwa 20 Minuten Spielzeit kommt es zum Schnick-Schnack-Schnuck-Showdown zwischen Hubert und Jerry mit je einer verbliebenen Karte. Scherenhubert schlägt Papierjerry und gewinnt die Runde.
Fazit: Ganz spaßig. Für Fans des Autors sicher noch spaßiger. Trotzdem bin ich sicher: Die Aktionskarten nutzen sich schnell ab. Dann doch lieber eine rasante Runde Uno (mit allen Hausregeln)
Dabei waren: Stefan, Matthias, Hubert, Philippe, Jerry
Gespielt wurde bei: Jerry