T.I.M.E Stories ist ein teures Spiel, das muss noch mal gesagt werden. 45€ für das Basisspiel plus ca. 25€ pro Szenario – das läppert sich. Mit „Hinter der Maske“ liegt nun schon das dritte Zusatzszenario vor uns, was die Anschaffungskosten auf mittlerweile 120€ summiert. Eine Menge Holz. Warum in aller Welt lassen wir das eigentlich mit uns machen? Die Antwort folgt weiter unten.
Zum neuesten Szenario: „Hinter der Maske“ führt die Agenten der T.I.M.E Agency (also uns) ins alte Ägypten. Im Jahr 1146 v.Chr. wurde mal wieder der Zeitstrahl verbogen: Die Syaans, Erzfeinde der Agency haben die Totenmaske des verblichenen Pharaos Tutanchamun gestohlen und aus irgendeinem Grund ist das ein so großes Problem, dass es unsers Eingreifens bedarf.
Die Hintergründe des sich über die Szenarien immer mehr entfaltenden Konflikts zwischen der Agency und den Syaans sind nach wie vor unklar. Als gute Befehlsempfänger gehorchen wir Bob, dem Chef der Agency und Berufsmisanthropen und machen uns auf die Suche nach dem abhanden gekommenen Relikt.
Schlappe vier verschiedene Wirte stehen uns in diesem Szenario zu Beginn zur Verfügung, so dass die Startauswahl leicht fällt. Bevor wir uns ins Abenteuer stürzen, gibt uns die Agency ein schickes neues Spielzeug mit: das S.T.G., eine Art Körpertauscher, der es uns erlaubt, während des Spiels die Wirte zu wechseln. Bis zu sechs Mal geht das bei uns pro Durchlauf, womit auch schon die wesentliche Neuerung in diesem Szenario beschrieben ist: der dynamische Wechsel des Wirtskörpers, verbunden mit neuen Eigenschaften und neuer Ausrüstung.

Über den handlungstechnischen Verlauf des Szenarios soll hier wie üblich geschwiegen werden. Wieder gibt es etliche Orte zu besuchen: das Grab Tutanchamuns, die Stadt Theben und ihre Vororte, der schöne Nil und einiges mehr. Vier Durchläufe braucht unsere latent inkompetente Gruppe diesmal, um das Problem aus der Welt zu schaffen.
Der neue Mechanismus des Wirtswechsels ist hochinteressant, denn viele Orte können wir nur dann erkunden, wenn wir zum richtigen Zeitpunkt im richtigen Wirtskörper stecken. Diese Wechsel sind dabei endgültig: ein einmal verlassener Körper kann nicht erneut „übernommen“ werden. Das zwingt uns zu minutiöser Ablaufplanung, was wann und mit wem zu tun ist.

Der Kontrast zum letzten Szenario „Die Drachenprophezeihung“ könnte kaum größer sein: die Drachenprophezeihung war ein klassisches „Hack-and-Slay“ Szenario mit extrem vielen Kämpfen und Proben, d.h. es wurde viel gewürfelt und ebenso gab es eine fast schon unüberschaubare Anzahl an mitführbaren Gegenständen. Das ist im alten Ägypten ganz anders: wenige Gegenstände, dafür viele verschiedene Wirte, in die wir schlüpfen können. Fast alle diese Wirte sind eher schwachbrüstig, Kämpfe und Würfelproben sind die absolute Ausnahme.
Stattdessen fällt auf, dass „Hinter der Maske“ deutlich komplexer, verschraubter ist. Immer wieder laufen wir vor Zugangsbeschränkungen, die nur mit den richtigen Wirten oder zuvor erledigten Teilaufgaben aufheben können. Das macht dieses Szenario anspruchsvoller, als alle zuvor gespielten Episoden. „Hinter der Maske“ ist im wahrsten Sinne des Wortes ein großes Puzzle, das in seiner Gesamtheit analysiert und mit viel Überlegung angegangen werden muss.

Als T.I.M.E Stories herauskam, gab es viel Diskussion ob man sich während des Spiel Notizen machen darf/soll. Bei „Hinter der Maske“ erledigt sich diese Frage m.E.: Das Szenario macht heftig Gebrauch von den kleinen, bunten Zugangsplättchen und ich wage mal zu behaupten, dass es ohne Notizen nur schaffbar ist, wenn man Sheldon Cooper oder Sherlock Holmes im eigenen Team hat.
Das alles setzt sich zu einem ausgezeichneten Gesamtbild zusammen. Für meinen Geschmack ist „Hinter der Maske“ das bislang stärkste T.I.M.E Stories Szenario. Vom Setting her kommt es nicht ganz an den morbiden Charme der „Nervenheilanstalt“ heran, aber der wunderbar herausfordernde Puzzlecharakter macht es zu einem spielerischen Genuss. Meine persönliche Szenario-Hitliste lautet also bis hierhin:
- Hinter der Maske
- Die Nervenheilanstalt
- Der Marcy Fall
- Die Drachenprophezeihung
wobei eine Lücke zwischen (3) und (4) klafft, denn das viele Gekloppe und Gewürfel der Drachenprophezeihung fand ich eher ermüdend als ermutigend.
Fazit: Eine ausgezeichnete Fortsetzung dieses Spielprinzips und reichlich Motivation, auch beim nächsten Teil „Expedition Endurance“ wieder tief in die Tasche zu greifen. Was unsere Gruppe betrifft, geht das ausbeuterische Konzept der Space Cowboys jedenfalls voll und ganz auf.