Aufbruch zum Roten Planeten, Böhmische Dörfer

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Aufbruch zum Roten Planeten von Bruno Cathala, Bruno Faidutti, Heidelberger 2016

Quizfrage für Profis: Welches Spiel wird durch die folgenden Stichworte beschrieben?

  • Karge Landschaft
  • 10 Regionen
  • Eine Karte pro Runde
  • Pöppel einsetzen
  • Drei Mehrheitswertungen.

Wer jetzt “El Grande” kräht, hat erstens ein gutes Gedächtnis und kann zweitens die folgende Kurzübersicht mit wissendem Kopfnicken begleiten.

Noch ist alles ruhig auf dem Mars aber in der Mitte deuten sich schon künftige Scharmützel an.
Noch ist alles ruhig auf dem Mars aber in der Mitte deuten sich schon künftige Scharmützel an.

Spain in Space: Das also ist – zumindest auf den ersten Blick – “Aufbruch zum Roten Planeten”. Über zehn Runden landen wir bunte Astronautenmännchen auf dem in zehn Regionen aufgeteilten Mars. Unser Ziel ist, in drei Wertungen Regionenmehrheiten zu erzielen und so Siegpunkte abzugreifen. Motor des Spiels sind dabei Karten, von denen wir eine pro Runde verdeckt ausspielen und die uns neue Astronauten einsetzen lassen und diverse Sonderaktionen ermöglichen. Nach und nach bevölkert sich also der Planet und nach einigen Runden kommt es zur ersten Wertung. Dabei sind die verschiedenen Regionen nicht gleichwertig sondern variieren in ihrer Punkteausbeute.

Raketen dürfen erst starten wenn voll besetzt,
Raketen dürfen erst starten wenn voll besetzt,

Damit erschöpfen sich aber die Parallelen zum 96er Spiel des Jahres bereits, denn bei “Aufbruch zum Roten Planeten” werden unsere Männchen nicht einfach geordnet in die Regionen gesetzt, sondern müssen erst per Rakete auf den Mars geschossen werden. Vier solche Geschosse gibt es, mit je einem Flugziel und 2-5 Sitzplätzen und erst, wenn die Rakete voll besetzt ist, geht’s ab zur angesagten Destination. Theoretisch. Denn unsere Aktionskarten bringen reichlich Chaos ins Spiel: Raketen können ihren Kurs ändern, halbvoll losfliegen oder sogar beim Start explodieren. Astronauten bewegen sich über den Planeten, erschlagen ihre Kollegen oder wechseln die Farbe. All das wird nicht irgendwie zufällig ausgelost, sondern von den Spielern durch besagte Karten gesteuert.

Einige Aktionskarten
Einige Aktionskarten

Da alle Spieler identische Kartensätze haben, wissen wir also genau, zu welchen Schurkereien die werten Gegner in der Lage sind. Nur wann, das wissen wir nicht. Sind noch genug Plätze frei, wenn ich an der Reihe bin? Oder plant liebe Kollege etwa die Sprengung eines Schiffes? Wird das Schiff mit meinen vier Astronauten überhaupt dort landen, wo ich es haben will? Zusätzlich zu diesen Unsicherheiten kommen noch verdeckte Sonderwertungs- und Ereigniskarten, die Ziele und Sonderaktionen der Spieler im dunkeln lassen.

Die Rundenuhr.
Die Rundenuhr.

“Aufbruch zum Roten Planeten” ist im Vergleich zu El Grande viel wilder und erratischer. Hier kann es schon mal kräftig eins aufs Maul geben, wenn ein fast vollbesetztes eigenes Schiff gesprengt wird oder alle Raketen abfliegen, ohne dass man seine Jungs an Bord bringen konnte. In unsere Proberunde ist Matthias in den ersten Runden die arme Wurst und kriegt kräftig Kloppe von allen Seiten – ironischerweise größtenteils unbeabsichtigt.

Unbeabsichtigt, denn unsere Runde agiert zunächst reichlich planlos. Wir suchen uns irgendwelche opportun erscheinende Karten aus, ohne zu überblicken, ob und wann diese wirksam werden. Denn wie sich nach und nach zeigt, liegt hinter dem chaotischen Element eine feine Tempo- und Reihenfolgensteuerung, die es gebietet, genau darüber nachzudenken, wann man welche Karte auf den Tisch legt. So ist “Aufbruch zum Roten Planeten” dann eben doch weit mehr als der hyperaktive Cousin des spanischen Großmeisters.

Full House gegen Spielende
Full House gegen Spielende

Überhaupt ist festzuhalten: das Spiel macht Spaß! Die Mischung aus Chaos und Berechnung stimmt irgendwie und die Spielzeit ist mit 60 Minuten bei einem Spiel diese Gewichtsklasse perfekt abgestimmt. Und am Ende liegt der am Anfang so arg verprügelte Matthias mit 39 Punkten nur knapp hinter Jerrys 42 Punkten. Gelungene Aufholjagden sind m.E. immer ein gutes Zeichen.

Fazit: Schönes, dynamisches Mehrheitenspiel das nächste Woche mit zur Spieletagung geht und dort auf jeden Fall noch mehrmals auf den Tisch kommen wird. Ersteindruck: Empfehlenswert!


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Böhmische Dörfer von Reiner Stockhausen, dlp 2016

Und noch ein Männcheneinsetzspiel. Allerdings diesmal ohne Mehrheiten (naja, fast). Vor uns liegen acht Dörfer, ausgestattet mit 11 unterschiedlichen Gebäudenarten wie z.B. Farmen, Bäcker, Kirchen, oder Rathäuser.

Unser Aufgabe: Männchen auf diese Gebäude setzen und dadurch geschickt Punkte absahnen. Denn unterschiedliche Gebäude werden unterschiedlich gewertet: So sollen wir z.B. möglichst verschiedene Handwerksbetriebe sammeln, gleichzeitig aber möglichst viele identische Farmen. Wirtshäuser wiederum schütten, wenn im Dorf genug Männchen anwesend sind, Herrenhäuser bringen Festpunkte.

Dörfer, Dörfer, Dörfer
Dörfer, Dörfer, Dörfer

Motor des Spiels sind dabei 4 Würfel: wenn ich dran bin, werfe ich alle und teile sie dann in zwei Paare auf. Die Augensummen zeigen dann an, auf welche Gebäude ich meine Männchen setzen darf. Klar, dass das 12er Herrenhaus deutlich schwerer zu erreichen ist, als die 8er Farm.

Wie üblich bei Spielen mit einem Sack verschiedener Wertungskategorien kann man nicht alles gleichzeitig machen, so dass sich nach anfänglichem Lavieren jeder Spieler Vorlieben für bestimmte Gebäude entwickelt und dies mehr oder weniger konsequent durchzieht. Inwiefern man hier von Taktieren reden kann., bleibt offen, denn letztendlich entscheidet man fast immer situativ je nach Würfelwurf.

Wertungskategorien
Wertungskategorien

Der große Brüller ist das nicht, aber es weiß für die ca. 30 Minuten zumindest zu gefallen. Hier und da fliegen sogar ein wenig die Fetzen, wenn Spieler aus Gebäuden verdrängt werden oder Würfelkönig Stefan durch seinen dritten Wurf < 10 in Folge glänzt (mit 4 Würfeln, wohlgemerkt). Verbesserungswürdig wären in jedem Fall die Übersichtstafeln und die Dorfgrafiken, denn das Spiel hat zeitweise den Charme eines Wimmelbildes, wenn man verzweifelt nach der letzten freien Metzgerei sucht (“muss doch hier irgendwo sein…”) .

Fazit: Solides Würfelspiel in der Gewichtsklasse von Machi Koro. Kann man spielen, kommt aber nicht auf die Kaufliste.


Dabei waren: Matthias, Stefan, Philippe, Jerry

Gespielt wurde bei: Philippe

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