Nach EXIT/Kosmos und Escape the Room/ThinkFun liegt nun mit „Escape Room – Das Spiel“ das dritte Rätselspiel nach bekanntem Vorbild auf dem Tisch.
Wieder die gleiche Grundidee: Eingebettet in eine kleine Hintergrundgeschichte finden wir uns erzählerisch in einem Raum wieder, in dem wir eine Serie von Rätsel lösen müssen. Der Titel von Noris nutzt dabei als einziger ein echtes Zeitdruckelement: Der Chrono-Decoder ist eine Art Spieluhr, welche eine fixe Spieldauer von genau 1 Stunde unerbittlich herunter zählt. Gleichzeitig fungiert dieses Gerät als zentrale Instanz zur Überprüfung, ob wir die korrekten Lösungen der einzelnen Rätselschritte gefunden haben. Auf der Vorderseite des Decoders finden sich vier Schlitze, in die wir die – hoffentlich korrekten – Schlüssel einführen müssen.

16 solcher Schlüssel gibt es und jede Teillösung wird durch eine Kombination von genau vier solcher Schlüssel angezeigt. Glauben wir, eine Lösung gefunden zu haben, stecken wir die Schlüssel in der vermuteten Reihenfolge ein, was dann von dem Gerät entweder positiv („Bing!“) oder negativ („Mööp!“) quittiert wird.

Die Schlüssel sind dabei einen näheren Blick wert, denn darauf finden sich nicht nur Buchstaben oder (arabische) Ziffern, sondern auch eine Reihe von anderen Symbolen wie zum Beispiel römische Zahlen, Punkte oder Pfeile. So kann es dann im Spiel passieren, dass wir in einem Rätsel eine Sequenz von Ziffern finden müssen, in einem anderen dagegen eine Kombination aus Buchstaben. Das ist pfiffig, denn so wissen wir bei der Präsentation eines Rätsels nicht von Anfang an, nach welcher Symbolik geschaut werden muss.

Escape Room kommt mit vier Szenarien unterschiedlicher Schwierigkeit daher. Der Ablauf ist dabei wie bei den anderen beiden Spielen: wir wählen ein Szenario aus, lesen eine kurze Hintergrundgeschichte und starten dann mit einem Knopfdruck am Decoder das Spiel. Nun zählt die Zeit rückwärts und kann dabei nicht unterbrochen werden. Dabei nervt uns der Decoder gepflegt durch eine kleine Soundkulisse in Form bedrohlichen Pulsierens.
Die Rätsel in den Szenarien sind offen formuliert, d.h. man muss aus dem vorliegenden Material und dem bereits gefundenen Informationen erschließen wo und wie sich die Lösung zum aktuellen Rätselschritt findet. Die vier Szenarien sind abwechslungsreich: ein biochemisches Hochsicherheitslabor, ein Gefängnis, ein antiker Tempel und eine Bombenentschärfung sind im Programm. Das ist kreativ und abwechslungsreich. Die Rätseltypen werden – wie üblich – natürlich nicht verraten, nur soviel: auch hier ist Abwechslung angesagt. Man muss um die Ecke denken und alle vorliegenden Abbildungen und Texte aufmerksam studieren. Erneut gilt: gelöste Rätsel schalten neues Material und damit den nächsten Schritt frei. Dabei wird Material zerstört, kann aber im Internet heruntergeladen und neu ausgedruckt werden.
In unseren ersten beiden Runden nehmen wir uns ein Rätsel der Kategorie Mittel („Virus“) und eines der Kategorie schwer („Temple der Azteken“) vor. Das mittelschwere Rätsel lösen wir souverän in ca. 50 Minuten, an dem schweren scheitern wir und müssen am Ende sogar auf die im Internet hinterlegte Lösung zurückgreifen. Die von uns gespielten beiden Szenarien bestanden dabei beide aus drei Lösungsschritten, was eindeutig weniger ist als bei EXIT und Escape the Room bei aber gleichzeitig höherer Komplexität der Einzelschrittes.
Positiv zu vermerken ist, dass zumindest bei dem schweren Spiel paralleles Arbeiten der Mitspieler gefordert ist, sprich, dass sich die verschiedenen Teilnehmer gleichzeitig mit unterschiedlichen Rätselaspekten beschäftigen müssen, um nicht zu viel Zeit zu verbrauchen. Zusammen mit dem durch den Decoder ausgeübten Zeitdruck, kommt das dem Spiel in einem echten Escape Raum recht nahe.
Mit der festen Spieldauer von einer Stunde wollten die Autoren dem echten Escape Raum Erlebnis also möglichst nahe kommen. Im Spiel ist dies jedoch eine zweischneidige Angelegenheit, denn dadurch können wir nicht unser eigenes Tempo machen. Tipps und Hinweise werden uns zum Beispiel in festen Zeitintervallen gegeben: der erste nach 10 Minuten, der zweite nach 15 usw. So passiert es dann regelmäßig, dass wir Tipps entweder zu spät bekommen (das Rätsel ist schon gelöst) oder zu früh (wir wollen den Tipp noch gar nicht haben). Das hat mir persönlich nicht so gut gefallen, weil es uns einen von den Autoren vorgegebenen Lösungsrhythmus aufzwingt.
Insgesamt bleibt als Ersteindruck ein solides, aber nicht begeisterndes Spielerlebnis. Für mich überwiegen bei dem Zeitdruckelement die Nachteile gegenüber den Vorteilen. Ein Kritikpunkt am Rande: zum Zeitpunkt unserer Proberunde liegen die Musterlösungen zu den Rätseln im Internet nur englischsprachig vor. Das Problem ist dabei weniger die Sprachbarriere, als die Tatsache, dass die Rätselterminologie auf Englisch teilweise deutlich von der deutschen abweicht und man erst einmal überlegen muss, wie sich die englische Lösung auf die deutsche abbildet. Streng genommen ist das Spiel zum Zeitpunkt seines Verkaufsstarts also nicht vollständig.
Fazit: Mein aktuelles Ranking aller Escape Spiele bis jetzt ist:
- EXIT / Kosmos
- Escape Room – Das Spiel / Noris
- Escape the Room / ThinkFun
EXIT gefällt mir persönlich am besten, weil es am schlankesten und klarsten gestaltet ist und das einfachste Handling hat. Den direkten Vergleich mit echten Escape Räumen können Brettspiele m.E. nur verlieren, von daher ist es eine kluge Entscheidung, sich beim Design einer Brett-/Kartenspielumsetzung auf die Stärken dieses Genres zu besinnen.
Wir fanden es persönlich besser als die Spiele von Kosmos, da hier mehr Escape Room Feeling aufkam. Der Zeitdruck gehört einfach dazu. 🙂
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