Vor fast 500 Jahren, am 31.10.1517 veröffentlichte Martin Luther seine berühmten 95 Thesen gegen den Ablasshandel der katholischen Kirche. Dieses Ereignis, das als erster Funke der Reformation gilt, feiert die protestantische Kirche im sog. Lutherjahr, das offiziell am 31.10 diesen Jahres beginnt.
Spiele, die sich mit dem Thema Luther und Reformation beschäftigen gab es schon vorher. In „Here I Stand“ z.B. kann man die Reformationskriege in epischer 6-Stunden-Breite nachspielen. KOSMOS konzentriert sich aber mit „Luther“ auf die friedlichen Aspekte und schickt uns in die Zeit, in der der große Reformator seine Arbeit tat.
Luther ist im Kern ein Lauf- und Sammelspiel. Auf einer stilisierten Deutschlandkarte bereisen wir Spieler Orte wie Marburg oder Wittenberg, in denen Luther in irgendeiner Form zu tun hatte.

In diesen Orten erwarten uns gewichtige Zeitgenossen wie Könige oder Fürsten, die wir in Form von weniger gewichtigen Plättchen aufsammeln. Eines unserer Ziele: möglichst viele verschiedene dieser Personen treffen und möglichst oft den Reformator selbst aufsuchen, denn dafür gibt es Siegpunkte.

Das Reisen im 16. Jahrhundert macht hungrig und so bezahlen wir unsere Zugaktivitäten mit Hilfe von Proviantkarten die uns 1-5 Bewegungspunkte geben. Der Spielrythmus ist dabei simpel: Neue Proviantkarten nehmen, über die Karte reisen, Proviant abgeben, Personenplättchen nehmen. Fertig.

Aufgelockert wird dieses einfache Prinzip durch verschiedene Sonderkarten, die Ereignisse auslösen, oder uns Zusatzaktionen verschaffen. Die wichtigste Zusatzaktion ist dabei das gemeinsame Malen an einem gigantischen Luthergemälde.. Selbst zum Pinsel greifen müssen wir dabei nicht, stattdessen entfernen wir einfach nach und nach Abdeckplättchen und enthüllen so Luthers Konterfei. Jede solche Malaktion ist dabei ein veritabler Punktelieferant und es gilt: wer viel malt, holt viele Punkte.

Im Praxistest erweist sich Luther zunächst als schnell aufgefasst und schnörkellos runtergespielt. Langfristiges Planen ist nur in Ausnahmefällen möglich, man spielt eher situativ: Da liegt ein Persönlichkeitsplättchen, das mir noch fehlt? Her damit! Eine Malaktion würde mir 5 Punkte bringen? Auf geht’s! Für Vielspieler ist Luther daher keine große Herausforderung. Vielmehr zeigt sich schnell, dass erfahrene Spieler auf dem Hauptbrett fast identisch viel Punkte machen und sich das Spiel eher über die Malaktionen entscheidet, was aufgrund des damit verbundenen, hohen Zufallselementes bei mehr als einem Spieler unserer Testrunde für leichtes Grollen sorgt. Interaktion gibt es kaum, höchstens wenn man sich dann und wann mal ein Persönlichkeitsplättchen wegschnappt.
Schnell wird klar: Wir sind nicht die Zielgruppe dieses Spiels. Luther ist ein Spiel, das Gelegenheitsspieler schnell lernen und ohne größere Schmerzen spielen können. Ein Spiel, das man im Lutherjahr problemlos bei Thalia ins Regal stellen kann und das dort sicher von der ein oder anderen Studienrätin gekauft wird. So gesehen tut das Spiel, was es soll.
Fazit für uns aber: Zu wenig Fleisch auf den Knochen. Lieber „Luther, das Bier“ als „Luther, das Spiel“
Schöne Rezension. Danke dafür. Das Spiel kann ich von meiner Liste streichen. Here I stand ist schon im Bestand meines näheren Umfelds, das ist eher episch…
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