„Stirb Langsam 5“, „Police Academy 9“, „Windows 10“. Sich an den Erfolg bekannter Marken dranzuhängen um die Kuh so ein zweites Mal zu melken, ist ein gern gewähter Kunstgriff, der sich auch in der Spielebranche großer Beliebtheit erfreut (Carcassonne Star Wars, Monopoly Herr der Ringe, Catan Star Trek). Beliebt sind derzeit Kartenspielableger „großer“ Spiele. Burgen von Burgund, Im Wandel der Zeiten und nun eben „Glück Auf – Das Kartenspiel“ als Variante der 2013er Kohleförderspiels.
Die Grundidee des Vaters bleibt erhalten: Wir holen Kohle aus’m Schacht, wuchten das schwarze Gold in Züge und lassen diese dann abdampfen, um so siegpunktträchtige Aufträge zu erfüllen. Was beim Vorgänger noch mit Brett und Würfelchen erledigt wurde, geht jetzt rein mit Karten ab.
In der Mitte liegen etliche Kartenstapel mit dem von uns benötigten Material: Kohleloren, Güterwaggons, Lokomotiven, Aufträge. An diese Kartenstapel bedienen wir uns, indem wir Worker dazustellen – natürlich auch in Kartenform. Der Grundaufbau ist dabei griffig: Workerkarte hinlegen, Karte ins eigene Tableau legen, nächstes Kind.

Darüber unsere Worker
Dabei entstehen auf der linken Seite unseres Tableaus (s.u.) die Transportzüge, während sich rechts die Kohleloren anstellen, die wir dann in die Züge verladen. Natürlich sind wir wie üblich gewissen Zwängen unterworfen, denn nicht jede Karte darf in jede Reihe gepackt werden. Ist ein Zug ausreichend beladen, fehlt uns nur noch ein passender Auftrag (schon wieder Karten) und dann kann er loszuckeln, um uns so die begehrten Siegpunkte zuzuschustern. Ergänzt wird dieser Basismechanismus durch einen kleine Zoo an Bonuskarten, die unsere Auflage punktemäßig aufwerten oder uns Extraaktionen erlauben.
Trickreich ist das Anlegen der Worker, die wir in Stückelungen von 1-5 Stärkepunkten haben. Das Anlegen muss streng aufsteigend erfolgen (erst Stärke 1, dann 2, 3, 4…). Dummerweise dürfen Workerkarten nicht „gewechselt“ werden, so dass die Pflicht des passende Anlegens reizvolle Zwänge erzeugt und zu subtiler Interaktion zwischen den Spielerzügen führt

Im Spiel läuft „Glück auf!“ nach kurzer Anlernphase sehr rund und flüssig. Jeder legt sich seine eigene Strategie zurecht: Viele kurze oder wenige lange Züge? Extraaktionen oder Bonuskarten? Und welche Bonuskarten?
Überhaupt die Bonuskarten: diese sind im Zweifelsfall sehr lukrativ (etwa: „+2 Extrapunkte pro grüner Lokomotive“) und motivieren uns, bei Auswahl von Kohle, Zügen, Loks und Aufträgen ganz gezielt nach bestimmten Kartentypen Ausschau zu halten. Es ist genau dieser Kunstgriff, der dazu führt, das sich ein Zug in „Glück auf!“ nicht beliebig anfühlt, sondern präzises Sammeln und Fokussieren belohnt. Und genau diese Fokussierung führt zu Spielspannung, denn natürlich möchte ich nicht, dass mir der werte Kollege eine für mich perfekt passende Karte vor der Nase wegschnappt.
„Glück auf!“ ist ein rundes und in unsere Truppe flottes Spiel das genau den richtigen Mix aus übergreifenden Zielen, individueller Optimierung und Interaktion bei der Temposteuerung bietet. Einziger Kritikpunkt ist der enorme Platzbedarf, denn allein in der Mitte des Tisches wuchern knapp zwei(!) Dutzend Kartenstapel, ergänzt durch die ausladenden Spielerablagen rundherum. Der 160cm Tisch der Mittwochsrunde jedenfalls ächzt unter der ungewohnten Kartenlast, was unserem Spielspaß aber keinen Abbruch tut.
Fazit: Eine gelungene Weiterentwicklung der Brettspielvorlage und klare Empfehlung für Gruppen die große Tische besitzen oder gerne mal auf dem Fußboden spielen.