Dass Legacy-Spiele ein cooles, neues Konzept sind, muss an dieser Stelle wohl nicht nochmal vertieft werden. Größter Nachteil ist dabei zweifelsohne die Spieldauer: 18 x 1h für Pandemic Legacy, mutmaßlich 20 x 2h für SeaFall, die Kondition muss man erstmal haben. Da klingt es doch einer guten Nachricht, wenn Fabelsaft von Friedemann Friese als Legacy-Light Spiel umschrieben wird. Und in der Tat: Fabelsaft ist ein Spiel mit sich von Partie zu Partie dynamisch ändernden Regeln. Wie geht das?
Im Kern ist Fabelsaft zunächst ein einfaches Kartensammelspiel, bei dem es darum geht, Sätze von Fruchtkarten (Erdbeere, Banane, Ananas usw.) auf die Hand zu sammeln. In der Mitte liegen 9 Saftkarten mit Doppelfunktion: zum einen ist darauf ein Aktion beschrieben wie „Zieh 2 Fruchkarten vom Nachziehstapel“ oder „Stiehl eine Fruchtkarte bei einem anderen Spieler“. Zum anderen zeigt jede Saftkarte eine Fruchtkombination. Habe ich diese auf der Hand, kann ich sie ablegen und so die Saftkarte erwerben. Wer das als erster drei Mal schafft, gewinnt die Partie.

Ein Zug besteht daraus, meine Spielfigur auf einer der neun in der Mitte liegenden Saftkarten zu stellen. Dort eingetroffen, kann ich nun entweder die Aktion der Karte auslösen, was mit in aller Regel neue Fruchtkarten bringt, oder die Karte erwerben, indem ich darauf abgebildeten Fruchkarten abgebe. Das ist ein Prinzip, was wir schon aus Zug um Zug kennen: Entweder sammeln oder punkten aber nicht beides. Ein Eindruck, der in einem frühen Spiel verfügbaren Aktionen auf den Saftkarten, sieht man in diesem Bild.

Aber wo ist nun das Kampagnenspiel? Ganz einfach: von jeder Saftkarte sind nur begrenzt viele Exemplare(3?) im Spiel und Saftkarten, die als Siegpunkte genommen wurden, kommen nie wieder zurück ins Spiel. Wenn alle drei Exemplare weggekauft wurden, kommt Nachschub in Form einer neuen Saftkarte (x3) ins Spiel. und damit eine neuer Aktion und eine Fruchtkombinaton auf den Tisch. Aus „Tausche drei Karten mit einem Mitspieler“ wird etwa „Jeder Spieler schupft zwei Karten nach links“. So spielt man sich Partie für Partie durch einen veritablen Stapel an Saftkarten, die das Spiel auf immer wieder andere Art und Weise verändern.
Ein Durchgang Fabelsaft ist flott. Nach gut 20 Minuten hat der erste Spieler seine drei Sets zusammen und während dieser Zeit ist ein Saftkartentyp komplett aus dem Spiel gegangen und durch einen neuen ersetzt worden. Nun wäre es an der Zeit, eine zweite und dritte Partie nachzulegen. Aber dazu kommt es nicht, denn die Mittwochsrunde ist mit Dreiviertelmehrheit eher gepflegt gelangweilt. „Beliebig“ sagt Phil und so ähnlich habe ich es auch empfunden. Man zieht Karten, tauscht, stiehlt, verschiebt und kauft möglichst zügig seine drei Saftkarten. Besonders die Tausch- und Raubaktionen bringen dabei zwar ordentlich Interaktion rein, machen planvolles Spielen aber schwer, so dass man immer wieder rein situativ agiert.
Man merkt schnell: Fabelsaft ist ein Leichtgewicht, das zügig runtergezockt ist. In manchen Momenten erinnert es an das von mir sehr geschätzte „Royal Flush“ (bei die Spieler um die Wetter Pokerkombinationen sammeln), erreicht aber leider nie dessen Rasanz und Spannung.
Was bringt nun der Legacy Aspekt? Fairerweise muss ich sagen: wir wissen es nicht genau, denn dazu hätten wir natürlich weitere x Partien spielen müssen. Aber ein frecher Blick in den Saftkartenstapel zeigt: so richtig sensationelle Plot-Twists kommen da nicht. Es bleibt i.W. bei Nehmen, Tauschen, Stehlen, Kaufen – nur eben in immer anderen Nuancen. Irgendwie ist alles ähnlich und irgendwie ist es mir als Spieler herzlich egal, ob ich nun 1 Erdbeere gegen 3 Karten von Stapel oder 2 Ananas gegen 4 Karten vom Markt tausche.

Klar: Fabelsaft will ein flottes Kartenspiel für zwischendurch sein und soll daher nicht an den anderen Legacy Kloppern gemessen werden. Aber andersherum muss man auch sagen: Der Kampagneaspekt ist zwar vorhanden, wertet das Spiel aber nicht wesentlich auf, denn echte Überraschungen bleiben aus und der Ablauf einer Partie damit mutmaßlich austauschbar.
Fazit: Ein ordentliches Kartensammelspiel, aber nicht viel mehr. Da ich mit Royal Flush schon ein exzellentes habe, brauche ich Fabelsaft nicht.