Gleichermaßen beliebt bei Gemüsefreunden und Spielern: Frisches vom Feld. In unserem Falle: „Das Orakel von Delphi“, das aktuelle Großspiel vom Altmeister.
Spiele von Stefan Feld stehen nicht ganz zu unrecht in dem Ruf, ein Sammelsurium von Punktequellen mitzubringen (der beliebte Feldsalat). Im neuesten Titel aus seiner Feder ist das aber endlich einmal nicht der Fall, denn das Orakel von Delphi ist im Kern ein Pick-up-and-Deliver Spiel mit Renncharakter.
Vor uns liegt eine ausgedehnte Wasserwelt, durchsetzt mit etlichen Inseln. Mit unseren Schiffen bereisen wir diesen Plan und versuchen dabei, möglichst effizient eine Reihe von Transport- und Reiseaufträgen zu erledigen. Waren oder Statuen wollen zu Zielorten transportiert werden. Auf Inseln stehende Monsterplättchen müssen bekämpft werden und drei irgendwo versteckte, eigene Schätze müssen gefunden werden. 12 solcher Aufgaben gibt es, und wer sie zuerst abgearbeitet hat, gewinnt. Das Spiel besteht also daraus, das Brett möglichst effizient zu bereisen, denn all diese Orte liegen nicht auf einer simplen Route sondern bunt verteilt über den gesamten Plan.

Die Betonung liegt dabei auf „bunt“, denn alle Felder und Ressourcen tragen eine von sechs Farben. Als Aktionsmotor hat jeder Spieler drei Farbwürfel die ebenjene sechs Farben tragen. Um nun z.B. zu einem roten Feld zu reisen, brauche ich einen Würfel, der die rote Seite zeigt. Um einen gelben Ware oder Statue an Bord zu nehmen, ist ein gelber Würfel vonnöten.
Damit ist der grundlegende Rhythmus des Spiels vorgegeben: wir würfeln drei Würfel, lösen damit drei Aktionen aus und schon ist der nächste Spieler dran. Primäraktionen sind dabei Bewegen, Aufnehmen, Abladen, Monster kloppen, Schätze bergen. Direkte Interaktionen zwischen den Spielern gibt es dabei nicht, man schnappt sich ganz Euro-like höchstens mal das eine oder andere Würfelchen weg.




Natürlich sind wir dem Würfelpech nicht schutzlos ausgeliefert, denn links und rechts gibt es allerlei Goodies, die uns das Leben leichter machen. Neben Karten die uns Sonderfähigkeiten wie z.B. flexiblere Bewegung verleihen, sind vor allem Opferplättchen wichtig, mit denen z.B. wir die Farben unserer Würfel manipulieren oder die Reichweite unseres Bootes erhöhen können.
Das Orakel von Delphi ist als Transportspiel wirklich kein typischer Feld-Titel sondern trägt eher Elemente von Spielen wie Auf Achse oder Via Nebula. Dabei ist aber ein scharfer Blick gefragt, denn es befindet sich wirklich eine Menge Zeugs auf dem Brett: Je 24 Monster und Waren, 18 Statuen, 12 Schätze sowie passende Lieferorte, alles schön bunt in sechs Farben, die sich ebenfalls auf allen Feldern wiederfinden.
Das wirkt – vor allem in den ersten Zügen der ersten Spiels – weniger wie ein Spiel, sondern mehr wie ein interaktives Wimmelbild, denn es dauert erst einmal seine Zeit, bis man verstanden hat, was es wo gibt und welcher Kram wohin gebracht werden muss. Erschwert wird das durch einen erheblichen redaktionellen Schnitzer, nämlich, dass die Farben Rot und Rosa nur sehr schwer zu unterscheiden sind – zumindest im stimmungsvollen Schein von Phils Tischleuchte. So kommt es immer wieder zu Verzögerungen wenn man feststellt, schon wieder die beiden Farben verwechselt zu haben.

Nach und nach stellt sich dann aber Routine ein, denn fast alles gibt es an mehreren Orten so dass die Routenplanung viel flexibler gestaltet werden kann, als zu Beginn befürchtet. Und das ist auch dringend nötig, denn die Würfel können ungnädig sein: ich will dringend grüne Waren aufnehmen und liefern, würfle aber nur schwarze und rote Augen. Dann heisst, es entweder umzuplanen oder mit Hilfe der Opferplättchen umzufärben.
In unserer Runde dauern Erklären und Aufbauen ca. 20 Minuten, gefolgt von zwei, recht anstrengenden Spielstunden. Anstrengend, denn immer wieder muss geschaut, gesucht und nachoptimiert werden. Die Spieldynamik ist dabei eher linear: wir fahren, laden, liefern in einem recht gleichmäßigem Strom von Aktionen. Das erzeugt einen ständigen Lauf kleiner Erfolgserlebnisse, führt aber andersrum zu weniger Emotionen. In meinem Lieblingsspiel von Stefan Feld, „Die Burgen von Burgund“ ist das anders, den dort finden sich zwischen normalen Aktionen immer wieder erstaunliche Sprints in denen wir Kettenzüge hinlegen oder eine Lawine von Punkten abgreifen.
Mein Ersteindruck vom Orakel von Delphi ist „solide“. Die Transportpuzzelei ist fordernd und ausreichend abwechslungsreich, lässt mich aber von seiner gleichförmigen Dynamik her eher kalt. Und überhaupt spiele ich persönlich lieber Titel, bei denen weniger Material auf dem Brett ist.
Fazit: Ordentlich funktionierendes, kunterbuntes, Transportspiel an der Grenze zur Unübersichtlichkeit.